Achtsamkeit - so bringst Du sie in Deine Beziehung
von Martin Göhler
Achtsamkeit ist ein omnipräsentes, von den Medien gehyptes Thema. Achtsamkeitsseminare schießen aus dem Boden. Achtsam mit sich selbst, achtsam mit Partner und Familie, achtsam mit Mitarbeiter, Kollegen, sogar mit dem Chef. Nur wer achtsam lebt, lebt richtig – das ist die Botschaft, die rüberkommt. Was ist dran an dieser Achtsamkeit? Warum streben Menschen danach? Warum gelingt es mitunter nicht, Achtsamkeit in seinen Tagesablauf und in das Leben zu integrieren? Was hat Achtsamkeit mit Partnerschaft zu tun? Und, wie gelingt es, mit Achtsamkeit seiner Beziehung eine neue, andere Ausrichtung zu geben? Viele Fragen, hier findest Du Antworten.
Wenn ich sitze, dann sitze ich
Eines Tages fragten einige Schüler ihren Zen-Meister, was sein Geheimnis sei, dass er zufrieden und glücklich ist. Der Zen-Meister antwortet: „Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich liebe, dann liebe ich.“
Die Schüler waren verwundert und antworteten: „Meister, das tun wir doch auch. Was also machst Du darüber hinaus?“ Der Meister erwiderte: „Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich liebe, dann liebe ich.“
Wieder sagten seine Schüler: “Aber Meister, das tun wir doch auch!“ Der Meister antwortete daraufhin: „Nein. Wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon. Wenn ihr steht, dann lauft ihr schon. Wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.“
Tue, was Du tust
Die Botschaft der Geschichte „Tue, was Du tust“, definiert kurz und prägnant, was es heißt, ein achtsames Leben zu führen: Seine ganze Aufmerksamkeit auf den aktuellen Moment zu richten, wahrzunehmen, was man tut. Eine größere Herausforderung ist, den gegenwärtigen Augenblick ohne Bewertung zu registrieren, ihn so anzunehmen, wie er ist und negative wir positive Gefühle zurückzustellen.
Wenn es aber so einfach ist und ein glückliches und zufriedenes Leben verheißt, warum machen wir es dann nicht einfach? Dem Zen-Meister aus der Geschichte folgend: Weil wir ständig am Planen und am Machen sind. Weil wir uns mit Dingen befassen, die in Zukunft zu erledigen sind. Oder aber, weil uns Ereignisse beschäftigen, die Tage, Wochen, Monate, Jahre, manchmal Jahrzehnte zurückliegen – also mit der Vergangenheit. Die Vergangenheit ist vorbei, die Zukunft kommt erst noch. Der aktuelle Augenblick ist das, was präsent ist und zählt. Den gegenwärtigen Moment zu (er-)leben, das wahrzunehmen, was gerade passiert, darum geht es. John Lennon formuliert es so: „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen.“
„Wir beschäftigen und mit der Vergangenheit oder wir beschäftigen uns mit der Zukunft.
Unser Leben findet allerdings in der Gegenwart statt.“
Martin Göhler
Fragen, die helfen
Wie hat Dein Kaffee oder Tee heute Morgen geschmeckt? Was hast Du gefrühstückt? Wo hast Du gefrühstückt? Wie hat es dort gerochen? Wie fühlte sich das Wasser und die Wärme auf Deiner Haut an, als Du geduscht hast? Wie fühlte sich der Kuss an, den Du Deinem Partner heute Morgen gegeben hast? Wie war die Zeit mit Deinen Kindern? Warst Du in Eile, musste alles schnell-schnell gehen oder hattest Du Zeit für sie? Welchen Menschen bist Du auf dem Weg zur Arbeit begegnet? Hast Du sie „gesehen“ oder bist Du an ihnen nur vorbeigegangen und hast Dich mit den bevorstehenden Aufgaben beschäftigt? Oder hast Du Dich über Deinen Partner, Deine Kinder, die Kollegen, andere Menschen geärgert – aus welchem Grund auch immer?
Der folgende Youtube-Clip erklärt in aller Kürze, was Achtsamkeit ist und wie wir sie in unser Leben integrieren:
Achtsamkeit durch Meditation
Meditationen sind eine Möglichkeit, Achtsamkeit in sein Leben zu bringen. Meditationen unterstützen Menschen, zur Ruhe zu kommen, innezuhalten, zu entspannen und sich auf sich selbst zu besinnen. Wer in Hektik ist, wenig Zeit hat oder eine kurze Pause einlegen möchte, kann es mit der 1-Minute-Meditation von Doris Kirsch probieren:
Achtsamkeit ohne Meditation
Was aber tun, wenn Du keine Meditation magst? Meditation ist nicht jedermanns Sache. Menschen haben Probleme damit, keine Zeit oder es ist ihnen schlicht zu spirituell. Ein Anfang ist, im Alltag innezuhalten, zur Ruhe zu kommen und sich einen Moment Zeit für sich zu nehmen – ohne Smartphone, Radio, Fernsehen, Telefon oder soziale Medien. Nur dasitzen, zum Fenster hinaussehen und die Gedanken vorbeiziehen lassen. Bei den täglichen, kleinen oder auf größeren Ärgernissen kannst Du Dir die Frage stellen, ob es sich lohnt, sich darüber zu ärgern, also die eigene Energie auf diese eine Sache konzentriert zu richten und die persönliche Stimmung dadurch in den Keller rutschen zu lassen. Ärger ist zu 99,9 Prozent dysfunktional. Trotzdem ärgern sich viele von früh bis spät über Himpelchen und Pimpelchen. Das zu verändern, gelassen und gleichmütig zu reagieren, ist ein wesentlicher Schritt zu mehr Zufriedenheit, Wohlbefinden, zu mehr Achtsamkeit.
Achtsamkeit in Beziehungen
Bist Du mit Dir selbst achtsam, wirkt sich das fast immer auf Deine Partnerschaft aus, im Grunde auf alle Deine Beziehungen. Wenn Du den Augenblick wahrnimmst, vielleicht genießt, umfasst das auch die Zeit, die Du mit Deinem Partner verbringst. Mehr Bewusstsein in Deinem Leben bedeutet gleichzeitig mehr Bewusstsein in Deiner Beziehung, in der gemeinsamen Zeit, in dem, was Ihr zusammen unternehmt, bei Gesprächen, beim Essen und beim Sex. Fühle Deinen Partner, spüre Deine oder seine Berührungen, den Kuss, das Kuscheln oder das Hand-in-Hand spazieren gehen. Denke in diesem Moment nicht an Deine Kinder, den Job, den Haushalt und was sonst alles ansteht und erledigt werden muss. Schenke Dir und Deinem Partner den Moment und sei zu 100 Prozent bei Dir und ihm oder ihr.
„Achtsamkeit in seine Beziehungen zu integrieren, macht zufrieden und glücklich.“
Martin Göhler
Achtsamkeit über alles?
Ist Achtsamkeit das Allheilmittel schlechthin? Nein, sicher nicht. Achtsamkeit wird nicht dazu führen, dass Du nie wieder Probleme hast, nie wieder Streit mit Deinem Partner oder nie wieder Stress mit Kindern oder im Job hast. Wenn Du Achtsamkeit in Dein Leben integrierst, wirst Du mit den Schwierigkeiten, Problemen und Herausforderungen jedoch anders umgehen. Der Ärger wird kürzer und seltener, es gelingt Dir mit der Zeit, das Was-ist zu akzeptieren. Bereits das trägt zum Wohlbefinden bei. Auseinandersetzungen mit Deinem Partner werden nicht ausbleiben, aber sie werden mit anderer Qualität und Intension geführt. Nicht immer, nicht sofort, aber immer öfter.
Die Begriffe Achtsamkeit, Mindfulness, achtsam leben sind trendig und schick. Jeder, der „in“ sein will, auf der Welle mitschwimmen und auf den Zug aufspringen möchte, integriert in irgendeiner Form Achtsamkeit. Das mag dem einen oder der anderen „zu den Ohren“ rauskommen und manch einer wird denken, nicht schon wieder diese Fu**-Achtsamkeit. Aber nur, weil das Thema derzeit gehypt wird, sollte Dich das nicht davon abhalten, Dir Deine eigene Meinung zu bilden. Nimm Dir das, was für Dich passt und für Dich funktioniert. Den Rest ignoriere einfach. Diese Empfehlung gilt für alle Trendbewegungen. Man muss weder alles gut finden, noch alle Trends mitmachen. Auf der anderen Seite muss man ebenso wenig alles nur deshalb verteufeln, weil gerade an jeder Ecke darüber gesprochen wird. Auch das hat etwas mit Achtsamkeit zu tun.
Probiere es doch mal aus: Sitze, wenn Du sitzt. Stehe, wenn Du stehst. Gehe, wenn Du gehst. Esse, wenn du isst. Liebe, wenn Du liebst.
Dieser Beitrag ist auch im Magazin von The-Coach.Net erschienen: https://the-coach.net
Über den Autor...
Martin Göhler ist Single- und Paarcoach. Mit Unternehmen arbeitet er als Beziehungscoach und unterstützt die Optimierung der Zusammenarbeit von Teams und Mitarbeitern. Weitere Informationen unter www.mg-coaching.de.
Expertisen sammelte er in über 25 Jahren in leitender Funktion in mehreren Wirtschaftsunternehmen sowie in vielen Business- und Lifecoachings. Mehr als 30 Jahre glückliche Partnerschaft und drei erwachsene Kinder bereichern sein Leben und prägen ihn. In den letzten Jahren hat er in verschiedenen Medien zahlreiche Beiträge rund um das Thema Partnerschaft und Beziehung veröffentlicht.
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