Du kannst nicht nicht bewerten
von Martin Göhler

Morgens vor dem Aufstehen geht es los. Es endet abends mit dem Einschlafen. Unsere Bewertungsmaschine läuft und läuft und läuft. Immer. Ständig. Wir bewerten alles. Jedes Ding, jede Situation, jede Begegnung, jedes Ereignis und jeder Mensch laufen blitzschnell durch unseren Bewertungsfilter. Der Mechanismus kann nicht abgestellt werden. Umso wichtiger ist das Bewusstsein, dass es sich lediglich um unser persönliches Bewertungssystem handelt und nichts über grundsätzliche Eigenschaften des Bewerteten aussagt.
Wie schmeckt der Cocktail?
Drei Freundinnen sitzen in einer Bar und bestellen alle den gleichen Cocktail. Die erste ist begeistert und lobt den Geschmack des Getränks in den höchsten Tönen. Die zweite rümpft die Nase und schüttelt sich, der Cocktail schmeckt ihr überhaupt nicht. Die dritte findet, dass der Geschmack durchschnittlich sei, nicht schlecht, aber auch nichts besonderes, so lala eben.
Der Barkeeper hat dreimal exakt den gleichen Cocktail gemixt. Hat er jetzt eine geschmackliche Granate produziert, einen völligen Flop oder etwas in der Mitte?
Das Beispiel zeigt, dass die Frage gut, schlecht oder neutral offenbar keine eindeutige Eigenschaft des Cocktails ist, sondern einzig und allein von den Geschmäckern und Vorlieben der drei Damen abhängt.
Stimmen die Bewertungen? Jain!
Schaut man sich in Internetportalen die Bewertungen von beispielsweise Restaurants oder Hotels an, fragt man sich häufig, ob es sich um ein und dieselbe Location handelt, die da bewertet wird. Von ganz miserabel bis supergut ist alles zu finden. Auch wenn wir die – meist einfach zu erkennenden – unechten, gefakten oder Gefälligkeitsbewertungen außen vorlassen, wurde die Qualität der bewerteten Einrichtungen offenbar unterschiedlich empfunden resp. bewertet.
Würde man ein Hotel buchen, obwohl es auch schlecht bewertet wurde? Würde man ein Restaurant nicht besuchen, obwohl es auch gut bewertet wurde? Beides kann falsch oder richtig sein. Jede Bewertung gibt den Eindruck der Person wieder, die sie schreibt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Die meisten Menschen wollen anderen gefallen. Das liegt an unseren Genen, die einige zehntausend Jahre darauf programmiert wurden. Nur wer gefiel, konnte sicher sein, von anderen nicht umgebracht zu werden. Selbst wenn diese Gefahr heute deutlich geringer geworden ist, tun wir immer noch viel dafür, anderen zu gefallen.
Du hast keinen Einfluss darauf, wie andere Dich bewerten!
Dumm nur, dass egal was Du tust, wie Du Dich anziehst oder schminkst, wie Du Dich verhältst oder was Du sagst: Du hast keinen Einfluss darauf, ob Du dem anderen gefällst oder nicht. Nicht den geringsten. Überhaupt keinen. Die Entscheidung hängt einzig und alleine vom Bewertungssystem des anderen ab – und das kennst Du nicht.
Umgekehrt gilt das Gleiche. Jedes Verhalten von anderen Menschen, wird von Dir als passend, unpassend oder so mittendrin bewertet. Damit kommt es nicht auf das Verhalten per se an, sondern alleine darauf, wie Du es bewertest.
Trotzdem setzen wir alles daran, gut dazustehen und von anderen so positiv wie möglich beurteilt zu werden. Damit machen wir uns manipulierbar und zur Marionette unseres Umfelds. Das kann Applaus oder Buh-Rufe gezielt einsetzen, um uns zu einem gewünschten Verhalten zu veranlassen.
Andersherum gilt: Wenn wir keinen Einfluss darauf haben, ob andere uns und unser Verhalten, Auftreten oder was auch immer gut finden oder nicht: Warum dann überhaupt noch Energie ins „Gefallen wollen“ investieren, anstatt zu sein, wer man ist.
Deine Bewertung ist nur Deine Bewertung!
Für Dich persönlich ist die Erkenntnis wertvoll, dass, was jemand anders tut, erst durch Deine Bewertung gut oder schlecht wird. Ob Dein Gegenüber cool oder dämlich ist, hängt ausschließlich von Deiner Bewertung ab.
Dieser unumstößliche Sachverhalt ist in allen Lebensbereichen von großer Bedeutung. Ob Dir Dein Partner und sein Verhalten gefallen, ob Du gut findest, was Deine Kinder oder Deine Nachbarin tun, hat nichts mit Deinem Partner, Deinen Kindern oder Deiner Nachbarin zu tun, sondern hängt ausschließlich von Deiner Bewertung ab. Ob Dir Dein Job, die Kollegen, Mitarbeiter oder Chef gefallen, hängt von Deinem Urteil ab. Vor allem, ob Du Dir selbst und Dein Leben gefallen, hängt einzig und alleine von Deinen Bewertungen ab.
Mach Dir diese Zusammenhänge immer wieder bewusst und sei gnädig mit Deiner Umwelt und vor allem mit Dir selbst.
Über den Autor...

Martin Göhler ist Single- und Paarcoach. Mit Unternehmen arbeitet er als Beziehungscoach und unterstützt die Optimierung der Zusammenarbeit von Teams und Mitarbeitern. Weitere Informationen unter www.mg-coaching.de.
Expertisen sammelte er in über 25 Jahren in leitender Funktion in mehreren Wirtschaftsunternehmen sowie in vielen Business- und Lifecoachings. Mehr als 30 Jahre glückliche Partnerschaft und drei erwachsene Kinder bereichern sein Leben und prägen ihn. In den letzten Jahren hat er in verschiedenen Medien zahlreiche Beiträge rund um das Thema Partnerschaft und Beziehung veröffentlicht.
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