Ich habe recht!
von Martin Göhler

Wenn es in Partnerschaften Streit gibt, geht es häufig ums recht haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob es um ein wichtiges, grundsätzliches Thema geht oder um Geringfügigkeiten von untergeordneter Bedeutung. Insofern kann die Frage, ob ein nasses Handtuch aufgehängt wurde oder nicht, Auslöser einer handfesten Beziehungskrise sein.
Seit Millionen von Jahren entwickelte sich das Gehirn des modernen Homo sapiens zu seiner heutigen Form. Das Ziel der Evolution war dabei vermutlich weniger, den Menschen in die Lage zu versetzen, mit seinem Smartphone seine neuesten Einkäufe bei Instagram zu posten, sondern den Menschen zu befähigen, in den immer komplexer werdenden Beziehungssystemen gut bestehen zu können. Erstaunlich ist dabei, dass die Evolution nasse Handtücher offensichtlich vergessen hat beziehungsweise das Recht-haben-wollen die evolutionären Bemühungen durchkreuzt.
Das „nasse Handtuch“ steht dabei als Symbol für alle in einer Beziehung denkbaren Varianten von Dingen, Sachverhalten und Verhaltensweisen, im Prinzip von allem. Wenn einer der Partner (immer) meint, recht zu haben, seine Auffassung als richtig darstellt, ist die damit untrennbar verbundene Mitteilung an den Partner, dass jener unrecht hat und er mit seiner Meinung falsch liegt. Er beansprucht die Deutungshoheit über richtig und falsch für sich und spricht sie dem Partner ab.
Dem anderen bleiben zwei Möglichkeiten: 1. Er hält dagegen, widerspricht dem Partner und beansprucht seinerseits, recht zu haben. Oder 2., er ordnet sich dem Deutungsdiktat des Partners unter. Die Folgen sind unterschiedlich. Im ersten Fall entwickelt sich eine Auseinandersetzung, der zweite Fall führt zu Resignation. Das Ergebnis ist in beiden Fällen, dass der Riss in der Beziehung ein wenig größer wird.
Die Frage ist, wozu wollen Menschen recht haben? Was bringt es ihnen? Wozu sich selbst ins Recht setzen und den Partner damit ins Unrecht setzen? Warum den Preis einer Beziehungskrise oder Beziehungsbruch riskieren, nur, um bei dem Beispiel zu bleiben, bezüglich des „nassen Handtuchs“ recht zu haben? Warum sich damit über den Partner stellen und ihn dominieren wollen? Wenn Sie eine Antwort haben, schreiben Sie mir gerne.
Die Verhaltensforschung geht davon aus, dass entsprechende Muster bereits in der Kindheit durch die Interaktion der Eltern miteinander und mit den Kindern gelegt werden. Eine dominante Mutter, ein Vater, der sich nur um seine Belange kümmerte, körperlich überlegene Geschwister – die Bandbreite ist groß, der zu zahlende Preis hoch. Man könnte meinen, dass erwachsene Menschen unförderliche Muster aus der Vergangenheit ablegen oder ersetzen. Das ist prinzipiell möglich, erfordert jedoch eine Auseinandersetzung, Aufarbeitung und Wandelung des Musters. Die damit verbundene Veränderung, die Reflexion der Vergangenheit scheuen viele Menschen und kämpfen lieber weiterhin darum recht zu haben.
Kommt es infolge vieler kleiner Risse – recht haben zu wollen ist nur eine Sollbruchstelle – in einer Beziehung zu einer Trennung oder Scheidung, geht die Rechthaberei weiter. Der Partner ist schuld, sein Verhalten und seine „nassen Handtücher“. Man selbst und das eigene Verhalten waren schließlich immer richtig und korrekt. Dummerweise ist der Partner aber der gleichen Meinung. Es kommt zum Rosenkrieg. Und jetzt?
Eine Übung veranschaulicht die Absurdität des „Recht-haben-wollens“: Stellen Sie sich Ihrem Partner Auge in Auge gegenüber. Dann zeigen sie beide mit ihrem rechten Arm nach rechts. Wer hat recht in Bezug darauf, wo rechts ist? Und, lohnt sich ein Streit darüber? Von ihrem jeweiligen Standpunkt aus betrachtet, haben beide recht. Bei allen anderen „nassen Handtüchern“ ist es ebenso. Aus der persönlichen Sicht hat jeder Partner mit der eigenen Deutung recht und eine Diskussion darüber, wer mehr recht hat, wird zu keinem erquicklichen Ende führen. Die Alternative: Stellen Sie Ihre Ansicht der Dinge dar, ohne den Partner ins Unrecht zu setzen oder seine Sicht zu werten. Nehmen Sie den Standpunkt ein, dass beide Meinungen gleich-gültig sind und finden Sie einen Konsens.
Rechthaberei ist ein No Go für eine glückliche Partnerschaft und nervt gleichermaßen die Mitmenschen in allen anderen Lebensbereichen. Änderung gewünscht? Dann werden Sie aktiv, gehen das Thema entweder alleine an oder finden Unterstützung bei einem erfahrenen Coach. Wie wäre es, bei der nächsten Gelegenheit sich gelassen zurückzulehnen, dem Partner bezüglich des „nassen Handtuchs“ zuzustimmen statt zu wiedersprechen und anschließend statt fruchtloser Diskussionen einen harmonischen Abend mit dem Partner zu genießen?
LIEBLINGSPARTNER – zum Glück Ihr Partner.
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